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DAS SCHENKENBUCH.





Suleika.


|188| Warum du nur oft so unhold bist?

Hatem.

Du weißt daß der Leib ein Kerker ist,
Die Seele hat man hinein betrogen,
Da hat sie nicht freye Ellebogen.
Will sie sich da– und dorthin retten:
Schnürt man den Kerker selbst in Ketten,
Da ist das Liebchen doppelt gefährdet,
Deßhalb sie sich oft so seltsam gebärdet.


|189| Wenn der Körper ein Kerker ist,
Warum nur der Kerker so durstig ist?
Seele befindet sich wohl darinnen
Und bliebe gern vergnügt bey Sinnen;
Nun aber soll eine Flasche Wein
Frisch eine nach der andern herein.
Seele will’s nicht länger tragen,
Sie an der Thüre in Stücke schlagen.


Entstehung: 24.05.1815
Originalpaginierung: 188–189
Johann Wolfgang von Goethe
West–oestlicher Divan
Stuttgart 1819


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